HEARTs: Ostharz und Harzvorland: Fortschritt oder Flucht? Der Übergang zu anthropogenen Flusslandschaften – Wie haben mittelalterliche Siedlungsstrukturen mit der Landschaftsentwicklung im östlichen Harz und dem Harzvorland interagiert?
Entwicklung des Auengebiets der Bode und Selke
Das Projekt HEARTs fokussiert die Entwicklung der Auenlandschaften und der fluvialen Gesellschaften im Einzugsgebiet der Flüsse Bode und Selke, welche im ehemals vor allem von Bergbau und Köhlerei, aber auch durch Weidewirtschaft und Ackerbau geprägten Ostharz entspringen und anschließend durch das angrenzende von Landwirtschaft dominierte nordöstliche Vorland fließen. Ihre Flusslandschaften werden seit dem Neolithikum genutzt und vor allem seit dem frühen Mittelalter intensiv durch den Menschen verändert. Meilensteine in der Entwicklung des anthropogenen Lebensraumes Auenlandschaft stellen insbesondere der Beginn der Wasserkraftnutzung und erste Flussverbauungsmaßnahmen dar.
Forschungsziele
Nach wie vor ist nicht geklärt, ob die zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert einsetzenden Verlagerungen der Arbeitsstätten (z. B. Schmelzplätze, Metallverarbeitung) und Siedlungsplätze von den kleinen Bächen der Hochlagen in die Auenlandschaften Folge oder Voraussetzung hierfür waren. Das Zusammenspiel aus Entwaldung und extremen Wetterphasen führte immer wieder zu Phasen erhöhter Bodenerosion, insbesondere seit dem frühen Mittelalter. Die an den Hängen abgespülten Sedimente wurden gemeinsam mit aus bergbaulicher Aktivität stammenden Kontaminationen in den Auen abgelagert und können so heute als Archiv der Landnutzung dienen. Dazu sollen unter anderem mittels PMF-Analytik (positive matrix factorization) erhöhte Metallkonzentrationen im Zusammenhang mit Bergbauaktivitäten von solchen unterschieden werden, die durch natürliche geogene Anreicherungen, pedogene Prozesse oder jüngere Kontaminationen durch industrielle Aktivitäten zu erklären sind.
Die Hauptfragestellungen widmen sich dem Landnutzungswandel sowie seiner zeitlichen Entwicklung und den Auswirkungen auf Auen und Fließgewässerdynamiken. Die Kombination historischer, archäologischer und geowissenschaftlicher Archive ermöglicht die Erstellung einer Chronologie der Nutzungsintensitäten des Bergbaus, der Landwirtschaft, der Forstwirtschaft sowie der Nutzung der Wasserkraft. Naturräumlich stellt das Untersuchungsgebiet eine typische europäische Mittelgebirgslandschaft dar, die im Untersuchungszeitraum durch anthropogene Einflüsse verändert wurde. Die Entwicklung hin zu einer fluvialen Anthroposphäre im Sinne des Schwerpunktprogramms hat jedoch in den Mittelgebirgsbereichen in einem völlig anderen Takt stattgefunden als in den Lösslandschaften des Harzvorlandes. Die genauen Beweggründe der beschriebenen Veränderungen sind unklar und Gegenstand des Teilprojektes. Ist der Weg in die fluviale Anthroposphäre am Mittelgebirgsrand des Ostharzes Aufbruch in einen vielversprechenden neuen Lebensraum oder Flucht vor sich verschlechternden Bedingungen?